Danias Garten

Vom Pflanzen, Nähren, Blühen und Ernten…

Äquinoktium September 29, 2016

 

Mein Geburtstag ist im Herbst. Meistens ist es gerade der Abschied des Sommers, wenn die Nächte wieder kalt sind, die Tage sich aber oft noch aufwärmen und aufbäumen, und den Sommer nicht gehen lassen wollen.  Für eine kurze Zeit begegnen sich Tag und Nacht auf Augenhöhe.

Ich liebe diese Jahreszeit.  Schon seit der Grundschule ist dies mein Lieblingsgedicht:

Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,

Noch träumen Wald und Wiesen:

Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,

Den blauen Himmel unverstellt,

Herbstkräftig die gedämpfte Welt

In warmem Golde fließen.

(Eduard Mörike)

 

Ich liebe es, weil es meiner Meinung nach genau das ausdrückt:

dieses Zwischen-den-Welten-Sein, zwischen Sommer und Herbst, Tag und Nacht, Nord und Süd, warm und kalt.

Es fließt.

Golden.

Es summt und brummt, blüht und wächst nicht mehr leichtfertig, sondern alles weiß, dass die höchste Zeit vorbei ist.

Und verschwendet sich nicht minder.

Im Gegenteil:

Mein Garten blüht in seinem letzten Leuchten auf, bevor die Blätter fallen und die Blüten verwelken. Er hat alles erreicht.

Man hat aber nicht den Eindruck von Verlust, oder von Scheitern, sondern man fühlt, dass genau das der wahre Grund des Seins ist:

das “sich Geben”.

Sich geben bis zum letzten bisschen Energie, zum letzten bisschen Farbe.

Wie ein Lächeln.

Wie Liebe.

Es ist nicht ein Weg-geben, sondern ein Hin-geben.

Der Gesang der Vögel, der Regen, der Sonnenschein, der Schnee, die Herbstblätter: nicht weggegeben, sondern hingegeben, in die Welt, in unsere Ohren und Augen und Herzen, unverstellt, als vollständige Wahrheit.

Und ich kann diesen Sommer nicht aufgeben, ohne mich selbst zu geben, hinzugeben, in das Leben zu geben, mit Haut und Haar.

Diese Schönheit im sich-Hingeben ist das Loblied auf meinen Lippen im Herbst.

 

 

 

 

 

Equinox

My birthday is in autumn. It’s usually right at the parting of summer, when the nights turn cold again, the days still warm up, though, rear up, not wanting to let summer go.

For a short time day and night meet at eye level.

I love this time of year.

Here’s my favorite poem, ever since I was in grade school:

 

September morning

 

The world’s adream in fog’s embrace,

Still slumber woods and meadows:

But soon, through the dissolving lace,

You’ll see the blue of endless space,

The milder grace of autumn’s face

Transcending golden shadows.

(Eduard Mörike)

 

 

I love it, because it talks about exactly that:

the being in between worlds, between summer and autumn, day and night, north and south, warm and cold. It’s all in a flow. Golden.

It doesn’t hum and buzz, grow and bloom all carefree anymore, but everything knows that the highest peak has been climbed.

My garden releases its last radiance, before the leaves fall and the blossoms wither. It has been completed.

Still I don’t feel loss or failure, but I can tell this is the full reason for being: to give continually, to the last bit of energy or color.

Like a smile.

Like love.

The birdsong, the rain, the sunshine, the snow, the autumn leaves: not giving themselves away, but giving themselves into the world, into our eyes and ears and hearts, with no deception, the complete truth of being.

And I cannot give up this summer except by giving myself as well, give myself into life, fully and completely.

The beauty in giving is the praise on my lips in autumn.