Danias Garten

Vom Pflanzen, Nähren, Blühen und Ernten…

Das Leben ist eine Reise, die immer heimwärts führt June 20, 2013

Ich war noch nie in Kanada
und noch nie auf den Seychellen
Ich hab Israel und Panama
und auch Japan noch nie gesehn
 
doch ich kenne jeden Winkel meiner Seele 
in- und auswendig
alle Pfade, alle Tiefen und jede Höhe
und dort find ich mich
 
Und ihr könnt reisen an die Enden der Erde
ihr könnt klettern auf die Berge dieser Welt
ich weiß jetzt schon, nichts was ihr dort finden werdet
ist was anderes als das, was mich hier hält 
 
 
“Das Leben ist eine Reise, die immer heimwärts führt”, sagt Herman Melville.
Recht hat er.
Für mich ein ganz großes Thema, das Reisen.
Manchmal schnell, manchmal langsam, mit Zwischenstopps, mit Umwegen.
Mit Reisegefährten, und dann wieder schrecklich allein.
 
Und allzu oft haben wir gar nicht so richtig den Überblick, wo es eigentlich hingeht.
Vor allem, wenn Dinge passieren, die wir uns mit unserem beschränkten Verstand einfach nicht erklären können.
Wenn wir das Gefühl haben, stillzustehen, uns eigentlich gar nicht zu bewegen. Festzustecken.
Aber der Wunsch bleibt. Der Wunsch, uns zu bewegen, frei, vorwärts zu blicken, aufwärts, nach vorne zu gehen…
 
 
irgendwann
werden mir flügel wachsen
irgendwann 
werd ich alles hinter mir lassen
irgendwann 
werd ich nichts mehr kleben wollen
werd ich nur noch leben wollen
weiterziehn und leben wollen
 
 
Ich glaube, allzu oft geht es uns um Kontrolle.
Wir wollen die Dinge in der Hand haben, den Kurs bestimmen, die Reiseroute festlegen. Alles im Griff behalten.
Und dabei vergessen wir, was menschlich sein heißt…
 
 
lass das Lenkrad los
es ist ein Lenkrad bloß
und nicht die Straße
 
lass die Blumen stehn
lass sie vom Wind vergehn
und nicht in der Vase
 
 
Bevor wir uns diesem Leben anvertrauen, dieser Reise, die wir eben NICHT im Griff haben, muss meistens irgend etwas passieren. Irgend ein Moment, der uns zeigt, so geht’s nicht. Du bist nicht der Kartenschreiber. Wenn du Glück hast, hast du’n gutes Navi. Aber das war’s dann auch schon. Ob’s Stau gibt, oder Schneesturm, das bestimmst nicht du.
 
Und dann bleiben wir lieber stehen. Aus lauter Angst, den falschen Schritt zu tun. Oder weil wir ganz einfach nicht wissen, wohin der nächste Schritt wohl führt.
Aber: auch das hat auch seinen Sinn.
Manchmal muss man Atem holen. 
Sich besinnen. 
Neue Kraft sammeln. 
Bis wieder Rückenwind kommt. 
Oder ein neuer Frühling.
 
 
Novemberkind
einsam gestrandet
Novemberkind
am Nullpunkt gelandet
Wenn die Zeit verrinnt
sammelst du dich neu
und kein Novemberwind
findet Stellen dich zu fällen
Novemberkind, Novemberkind
 
STRECK DEINE ARME ZUM HIMMEL AUS
HALT DEINE FÜßE IM GRUND ZUHAUS
ATME EIN UND ATME AUS
SPAR DIR DIE KRAFT ZUM BLÜHEN
FÜR’S FRÜHJAHR AUF
 
 
Und dann, dann macht das Leben wieder die Fenster auf…
 
 
Dann macht das Leben
macht wieder die Fenster auf
ich lass die Sonne rein
und den Regen raus
 
und das Leben
macht wieder die Arme weit
es ist höchste Zeit
und ich bin bereit
 
 
 
Und es gibt Menschen, die mit uns reisen, vielleicht noch nicht jetzt, aber bald…
 
 
Ich bete, dass Dein Weg ein schöner ist
bis Du irgendwann ganz bei mir bist
und dass, wenn es regnet, dir irgendwer 
die tausend Blumen zeigt!
bist du zum Blühen bereit?
 
Ich musste dich mein Leben lang vermissen
ich habe dich gesucht, ohne es zu wissen
alles macht Sinn, und alles kommt zur Ruh
wenn wir uns finden, du und ich, ich und du
 
 
Und dann finden wir temporäre Heimat. Das ist ein wunderbares Gefühl. Denn es spiegelt, wohin sie geht, die Reise.
Ich glaube nicht, dass es hier ein Ankommen gibt. Ich glaube, dass wir immer unterwegs sind, solange wir leben; und das ist uns manchmal mehr bewusst, und manchmal weniger.
Weniger vor allem dann, wenn wir uns angekommen fühlen. Angekommen und angenommen. Wenn plötzlich alles so ist, wie wir es uns vorgestellt haben. Das kommt ja nicht oft vor im Leben. 
Aber wenn, dann… wow…
 
Bleib in meinem Arm
ich bring dich heim
Ich halt dich weich und warm 
und bring dich heim
ich weiß wir beide waren
so fern von dem wie es sein
sollte
ich bring dich heim
ich bring dich heim
ich bring dich heim
 
 
Aber ich glaube, dahin kommen wir nicht, wenn wir das Drehbuch schreiben. 
Ich glaube, über die besten Momenten im Leben sagen wir “das hätte ich mir so gut nicht ausdenken können.” Oder? Kennt ihr das?
Über die schlimmsten Momenten auch, ok, geb ich zu.
Aber das ist es wahrscheinlich, das Reisegeheimnis:  Wir sind nicht sonderlich begabt als Reiseführer.
Müssen wir aber auch nicht sein. Alles was wir lernen müssen, ist reisen. 
Hingucken, hinhören. 
Hinfallen, aufstehen, weitergehen. 
Jemanden ein Stück tragen. 
Selbst ein Stück getragen werden. 
Den Sonnenuntergang ganz ganz genau angucken, bis kein Fitzelchen davon mehr übrig ist.
Eintauchen, aufatmen, stehenbleiben. 
Sich sammeln. 
Tagebuch schreiben. 
Wunden verbinden. 
Weiterziehen.
Und jeden Moment genau da sein, wo wir sind. 
 
jeder will immer weit, weit, weit nach vorne
keiner bleibt stehn und sieht sich um 
dabei ist hier alles was zählt
was du gibst und kriegst fließt in diesem moment 
 
hab keine Angst 
nimm meine Hand   
hier bin ich
mehr ist da nicht
 
hab keine Angst 
nimm meine Hand   
hier bin ich
mehr 
ist 
da 
nicht
 
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(aus EPK “…heim”, Dania König; alle Texte © Dania König)

 

Richtung Bullerbü February 24, 2013

Filed under: Familie,Gartengeschichten — daniakoenig @ 10:11 pm

In den letzten Wochen habe ich einige Filme gesehen, die etwas älter waren, teilweise schwarz-weiß, von 1962 – 1984.
Darunter auch “Wir Kinder aus Bullerbü”, den ich gemeinsam mit meiner Tochter, 7 Jahre, sah.

Ich war verblüfft. Nach diesen “alten” Filmen fühlte ich mich ganz anders als nach einem Abend mit modernen Filmen oder Serien. Ruhig, ausgeglichen.

Ganz offensichtlich: früher nahm man sich mehr Zeit! Es darf in diesen alten Filmen auch mal ein paar Sekunden Ruhe sein. Man darf zusehen, wie jemand über die Straße läuft, ohne dass 5 Schnitte in dieser Szene sind, oder Musik dudeln muss, um eine Pause zu überbrücken.
Die Farben sind ruhig, nicht so grell. Oder gar schwarz-weiß. Seltenere Schnitte, weniger Musik. Die Themen sind anders, oder werden anders beleuchtet.
Eine Wohltat.

Das hat mich sehr nachdenklich gemacht.

Habt ihr “Wir Kinder aus Bullerbü” gesehen mit euren Kindern? Wahrscheinlich würden viele diesen Film als “langweilig” bezeichnen.
Wir sehen, wie die Kinder leben, spielen, einkaufen gehen, zur Schule gehen, den Eltern helfen… es passiert irgendwie gar nichts Wildes. Wir sehen, welche Spiele sich die Kinder ausdenken, wie sie lustige Sprachen erfinden, womit sie sich beschäftigen. Wir sehen fern. Wiesen, Felder, Tiere, Kinder. Wir schauen zu. Ohne überfordert zu werden.
Es gibt keinen Streit. Da sind keine Probleme, die gelöst werden müssen. Verglichen mit den Sendungen, die in der Welt meiner 7jährigen gerade aktuell sind (und wir schauen WIRKLICH nicht viel fern, nur am Wochenende, und nur ausgewählte Sendungen), ist dieser Film Balsam für die Augen und die Seele.
Viele andere Sendungen für Kinder sind grell, laut, viel Musik, und andauernd Probleme, Lösungen finden. Streit, Schlichten. Probleme, Lösungen finden. Streit, Schlichten. Probleme, Lösungen finden. Streit, Schlichten. Probleme, Lösungen finden. Streit, Schlichten.

Ist das, was wir unseren Kindern durchs Fernsehen mitgeben wollen?
Ist das der Grund, warum es in ihrem Kinder-Alltag genau so aussieht? Probleme, Lösungen finden. Streit, Schlichten. Ich habe das Gefühl, dass es in der Schule meiner Tochter den ganzen Tag darum geht. Probleme, Lösungen finden. Streit, Schlichten.

Haben die Kinder heute es verlernt, Spiele zu spielen? Miteinander zu lachen, albern zu sein, nichts zu tun?
Kennen eure Kinder Langeweile? Eine kreative Langeweile, ruhige Nachmittage, an denen nichts passiert, außer das, was wir uns in unseren Köpfen ausdenken, das, was wir mit unseren eigenen Händen bauen, basteln, zum Leben erwecken?
Oder müssen heutzutage alle Kinder “unterhalten” werden, entertaint, berieselt?

Sind die Filme ein Zeitzeugnis?
Ich bekomme, je mehr ich darüber nachdenke, das Gefühl, dass die alten Filme und die Art, wie sie gemacht sind, natürlich auch ihre Zeit widerspiegeln.
Ja, früher saß man in einem Bus oder der Bahn und sah aus dem Fenster. Heute starrt man auf sein iPhone. Wir Kinder spielten stundenlang draußen, am Waldrand, am Bach, auf der Straße, mit einem Ball oder einfach nur unserer Fantasie, bis es dunkel wurde. Heute finden Playdates in Kinderzimmern statt, mit ferngesteuerten Hunden und sprechenden Puppen, und die Mutter bedient die Kinder mit Snacks und Getränken.

Ich will wieder zurück. Zurück nach Bullerbü.

So oft ich kann, versuche ich, Ruhe in unseren Alltag zu bringen.

Seid mal alle ganz leise und sagt mir, was ihr hört – das Ticken der Uhr? Das Brumen des Kühlschrankes? Den Lastwagen, der gerade vorm Fenster vorbeigefahren ist?

Und was riecht ihr – das Brot, das im Ofen backt? Die Creme auf eurem Gesicht? Das Duschgel aus dem Badezimmer?

Was seht ihr – die Sonnenflecken auf dem Teppichboden? Die tausend verschiedenen Grüntöne im Garten? Die Wolken, stundenlang die Wolken???

Ich finde es so wichtig, Dinge wahrzunehmen. Außerhalb von uns, und innerhalb. Fähig zu sein, sich etwas vorzustellen. Gefühle zu benennen. Grenzen zu sprengen.
Ich liebe es, wenn man Zweinhalbjähriger den Apfel aus seinem Bilderbuch “pflückt” und mit mir teilt.

Gerade in den letzten Wochen wurde mir das alles mehr und mehr bewusst.

Zur Zeit ändert sich vieles in unserem Leben.
Ich wurde durch zwei wunderbare Bücher sehr dazu inspiriert, unsere Ernährung umzustellen. Wir essen nun gluten- und zuckerfrei. Verzichten weitestgehend auf Lebensmittel, die zu viel Stärke enthalten. Wir trinken unpasteurisierte Milch. Wir kaufen lokales Gemüse und Obst, Fleisch, von dem wir wissen, woher es kommt. Wir bauen unser eigenes Gemüse an. Ich backe unser eigenes Brot (getreidefrei), mache unser eigenes Joghurt, eigenen Kefir, eigenen Frischkäse. Wir machen unsere Marmelade selbst, unsere Nussbutter, und vieles mehr. Ich koche traditioneller (gerade köchelt eine Hühnerbrühe im Topf), bewusster, nahrhafter.

Das hat innerhalb weniger Wochen viel verändert. Die ganze Familie ist gesünder, ausgeglichener und hat mehr Energie.
Gleichzeitig wird uns vieles bewusster; wir sehen mehr und mehr, wie oft wir uns bisher haben treiben lassen, in vielen Bereichen, einfach, weil “alle das so machen”, oder einfach, weil man nicht nachdenkt, ja, keine ZEIT hat, nachzudenken – alles muss ja schnell gehen, effektiv sein.

All das nehme ich in letzter Zeit bewusster wahr, und ich frage mich, was das ist in mir, das sich so sehr nach Ruhe sehnt, nach Nachhaltigkeit, nach Werten und Sinnhaftigkeit.

Liegt es daran, dass ich hier in Amerika lebe? Ist es hier so anders als in Deutschland oder nehmen deutsche Familien das auch so wahr? Fällt es mir nur auf, weil ich inzwischen mehr Kinder habe, und die Kinder älter werden, und der Alltag voller? Habe ich etwa eine interessante Form der Midlife-Crisis??

Irgendwie ist ein Ball ins Rollen gekommen hier bei uns zuhause, und ich finde es sehr spannend zu sehen, wohin er rollt.

Ich habe das Gefühl, Richtung Bullerbü…
❀❀❀

backtoBullerbü

 

THANKSGIVING 2 – EIN DANKBARES HERZ November 22, 2012

Filed under: Familie,Gartengeschichten,Uncategorized — daniakoenig @ 6:21 pm

 

 

Thanksgiving fällt ja beinahe mit Sankt Martin zusammen… Nur ein paar Tage dazwischen. 

Und beide Feste verbinden die Gedanken der Dankbarkeit und des Teilens, passen also wunderbar zueinander.

In unserer bikulturellen Familie verbinden wir beide Feiern. 

Abgesehen vom Laternebasteln, Martinslieder singen und Weckmänner backen,  Kürbiskuchen machen und uns auf’s Feiern freuen, haben wir hier zuhause auch noch eine andere Tradition.

 

Anfang November geht es los:

 

jeden Abend setzen wir uns hin, zünden ein Kerzchen in der Latern  an, werden ruhig. Dann überlegt jeder für sich im Stillen, wofür er dankbar ist.

Das wird dann wahlweise laut oder leise aufgezählt. 

Bei uns geht das beispielsweise so:

“Ich bin dankbar, dass meine Kinder gesund sind.”

“Ich bin dankbar, dass ich heute mit Nici spielen konnte.”

 “Ich bin dankbar, dass L. heute Nacht gut geschlafen hat.”

“ Ich bin dankbar, dass die Sonne scheint.”

“ Ich bin dankbar, dass es hier jetzt so gemütlich ist…”

…und so weiter und so fort. Manchmal sind es für uns ganz alltägliche Dinge, wie, Dankbarkeit dafür, dass wir gutes Essen haben, ein Haus, in dem wir wohnen, Klamotten, Freunde, Familie. Manchmal geht es ein bisschen weiter, und wir danken dafür, dass wir in einem Land leben, in dem Friede herrscht, und Menschen sagen dürfen, was sie glauben oder denken. 

 

Wenn man einmal “drin” ist, glaubt man gar nicht, wie viel Grund wir haben zum Danken!

 

Dieses abendliche Ritual tut uns gut. Es öffnet unsere Herzen, unseren Blick, es macht uns fröhlich und zufrieden, und es lässt uns gut schlafen. 

Es macht uns bewusster. Ich gehe durch die Tage und “sammle” meine Dankbarkeit für den Abend, das heißt, ich nehme viel mehr wahr, was mich dankbar macht!

 

Neulich las ich den Satz “Stell dir vor, du wachst morgen auf, nur mit dem, wofür du gestern gedankt hast.” 

Das hat mich beeindruckt. Und auf einmal viel mir noch viel mehr ein, wofür ich dankbar bin!

 

Und dann postete eine Freundin auf facebook “The things you take for granted, someone else is praying for.”

Und wieder wurde mein Horizont ein wenig weiter, und mir fiel noch mehr ein!

 

Das Thema “danken” hat mich so intensiv begleitet in den letzten Tagen, dass ich es einfach weitergeben möchte. 

Es ist mit vielem so, glaube ich:

Wenn man sich auf eine Sache wirklich konzentriert, zieht man irgendwie alles, was damit zu tun hat, magisch an.

 

Mein Interesse an dem “dankbaren Herz” machte natürlich auch vor eifriger Internetrecherche nicht halt, und was – unter vielem anderen – fand ich da??

Genau unser kleines Abendritual als “Therapieform”, so gesehen in dem Buch “Tools” von Phil Stutz und Barry Michels, zwei Phsychiotherapeuten aus Hollywood. Sie empfehlen es als Hilfe gegen Sorgen, Ängste, Grübeleien, es soll sogar helfen gegen reuevolle Gedanken über Vergangenes, es soll von Selbsthass befreien und unser Urteilen über andere verringern.

 

Hmm, denke ich, gutes Buch. Interessant. Und so einfach.

 

…und wussten wir das alle nicht schon längst…?

 

Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken und lobsingen deinem Namen, du Höchster (Psalm 92, 2)

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat. (Psalm 103,2)

Und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus. (Epheser 5,20)

“Ich danke dir dafür, daß ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele” (Psalm 139,14)

Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe! (2. Korinther 9,15)

 

Ich glaube, wir werden unser Abendritual definitiv auch nach dem heutigen Feiertag noch beibehalten…

 

In diesem Sinne, Euch allen, ob ihr es nun heute feiert oder nicht: Happy Thanksgiving! 

 

❀❀❀

 

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Hymne für meinen Zweijährigen November 16, 2012

Filed under: Familie,Gartengeschichten — daniakoenig @ 6:10 pm
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“Gut geschlafen?”, fragt mein Zweijähriger, sobald die Zimmertür am Morgen nur einen Millimeter aufgeht, und seine Augen strahlen um 7 Uhr vor Freude auf den neuen Tag.

Das Frühstück ist ein Fest.

Der Deckel der Spülmaschine ist eine Rutsche für die Gummiente.

Der Draht des Türstoppers ist ein Musikinstrument.

Unglaublich, mit wie viel Genuss man einen Apfel essen kann.

Er versucht, das Lied der Vögel nachzusingen.

“Alles gut”, sagt er und legt seine kleinen Arme um den weinenden kleinen Bruder.

Jede Aufgabe, die er erledigt, lässt ihn vor Stolz aufstrahlen.

Überhaupt, Lachen! Lachende Augen, lachender Mund, lachende Hände!

Sich falsch herum auf einen Stuhl zu setzen ist das Lustigste der Welt.

Aber wenn etwas weh tut, dann muss man es zeigen. Deutlich, damit die anderen es auch verstehen.

Verstanden werden ist wichtig!

Und Zeit.

5 Minuten, um einen Regenwurm zu betrachten.

10 Minuten, um die Ameise mit dem Finger zu verfolgen, die am Baumstamm krabbelt.

Steine am Gehsteig sammeln. Nach ein paar Metern wieder zurücklegen. Und vielleicht besser doch wieder holen.

1 Minute, um den Stein in die richtige Tasche zu stecken.

Die Wolken und das Meer betrachten, endlos.

Schaukeln, für immer.

Tanzen, klettern.

Helfen. Dabei sein.

Singen, singen, singen.

In Mamas Arme rennen.

Wissen, dass da alles gut ist.

Wissen, wo zuhause ist.

Wissen, was wichtig ist.

Küssen, den ganzen Tag.

Geschwister, Papa, Mama, Oma, Opa, die Katze, Kuscheltiere, die Eisenbahn, Bilder in den Bilderbüchern.

Ein und das selbe Bilderbuch kann am Tag zehn Mal gelesen werden. Und immer wieder.

Immer wieder staunen. Immer wieder lachen.

Ach, mein Schatz.

Dein Herz ist größer als du selbst.

Und alles an Dir ist so bunt!

Gut, dass du auf uns abfärbst.

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EIN HAUS FÜR SHANI (Thanksgiving, Teil 1) November 9, 2012

Filed under: Uncategorized — daniakoenig @ 9:59 pm
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Bald ist Thanksgiving. 

Hier in den USA ist Thanksgiving das wichtigste Familienfest des Jahres, man trifft sich, isst gut und viel, verbringt Zeit miteinander. Der Truthahn darf natürlich nicht fehlen.

Eigentlich ein Feiertag, der uns als Deutschen relativ fremd ist. Man denkt, es wäre vielleicht ein etwas anderes Erntedank, das ist aber nicht so.

Den Ursprung ihres Festes führen die Amerikaner auf ihre Pilgerväter zurück, die im Herbst 1621 gemeinsam mit den einheimischen Indianern in Massachusetts ein dreitägiges Fest feierten. Die Wampanoag hatten den Kolonisten beigebracht, wie man Mais anbaut – ohne diese Hilfe hätten sie den Winter nicht überlebt. 

Man feiert also nicht nur die “guten Gaben”, sondern Völkerbegegnung, Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Hilfe zur Selbsthilfe, Teilen.

 

Und das tun wir dieses Jahr ganz praktisch!

 

Meine Freundin Kati aus Deutschland schrieb dieser Tage einen Rundbrief, der uns sehr getroffen hat. Diesen Brief möchte ich hier anfügen und Euch ganz besonders ans Herz legen:

 

Liebe Familie, liebe Freunde, liebe Kollegen, Freundesfreunde und Bekannte!

 

Wie ihr wisst, haben wir uns kürzlich auf die lange Reise nach Indien gemacht und haben dort eine wunderbare, bunte, besondere und glückliche Zeit verbracht. Rons Vater ist dort in Kattappana in den tropischen südindischen Bergen aufgewachsen und tut dort nun viele gute Dinge, die ich zum Teil mit eigenen Augen bestaunen konnte. Er lässt Straßen und Wege befestigen, unterstützt eine Schule und lässt Häuser und Brunnen für die Ärmsten bauen. Die Spendengelder organisiert er größtenteils über die von ihm gegründete Deutsch-Indische Gesellschaft in Winsen an der Luhe: http://www.dig-winsen.de/html/patenschaft.html

Während meiner Zeit in Kattappana habe ich zufällig eine indische Frau kennen gelernt, die Ron und mir auf einer Wanderung sehr geholfen hat und die ich von der ersten Sekunde liebgewonnen habe. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in einer kleinen Behausung an einer Böschung – es gibt keine Türen, nur Vorhänge, die Küche hat keine Wände, dort fühlen sich regelmäßig Schlangen zum Essen eingeladen. Im “Haus” gibt es kein Licht und nur ein kleines Bett für alle zusammen in der einzigen kleinen Kammer. Dennoch hat Shani und erhobenen Hauptes mit festem, warmem Händedruck herumgeführt und uns dann erstmal einen Kaffee gekocht. Ihr Mann ist Bauer, wurde aber am Rücken operiert und kann das nächste Jahr nicht auf dem Feld arbeiten, wird also NICHTS verdienen. Die einzige Kuh, die sie hatten, ist vor Kurzem gestorben. Die Situation ist sehr unglücklich!

Shani ist ein ganz, ganz liebenswerter Mensch. Natürlich träumt sie von einem anderen Leben für sich und ihre Familie – so wie viele, viele Menschen in Indien. Ich kann nicht allen helfen, aber ich möchte ganz konkret etwas für Shani tun. Ich möchte, dass die Küche Wände bekommt, dass ein Zimmer angebaut wird, vielleicht sogar ein richtiges Bad – dass das Dach aus Wellpappe in eins verwandelt wird, das dem Monsun trotzt – kurzum, ich wünsche mir ein Haus für Shani. Umgerechnet 2000 Euro kostet es, diesen Wunsch in die Tat umzusetzten. Mein Geburtstagsgeld macht den Anfang und auch meine Weihnachtsgeschenke sollen für Shani in Türklinke, Fensterrahmen und Bettgestell Gestalt annehmen… 

Es würde mir sehr viel  bedeuten, wenn ihr alle dabei mithelft. Es ist in diesem Fall eine sehr persönliche Hilfe, nicht über eine große Organisation, sondern auf diesem direkten Wege, auf dem tatsächlich über Rons Papa jeder Cent ankommt. Und auch, wenn wir hier auch alle nicht reich sind und hier das Geld auch nicht auf der Straße rumliegt: wenn jeder von Euch nur ein paar Euro dazugibt, dann kann Shani mit ihrer Familie vielleicht nächstes Jahr schon in vier neue Wände einziehen. Ein bisschen Geld macht für ihre Familie damit einen riesigen Unterschied, der nicht verpufft, sondern sich in einem Haus manifestiert. Alle Helfer können es natürlich mitverfolgen und bekommen Fotos vom Ergebnis.

Also: Wenn ihr helfen wollt, dann meldet euch bei mir und ich werde das vermitteln. Und vielleicht kennt jeder von Euch ja wiederum auch noch jemanden, der mitmacht…oder hat eine Idee, wie wir weitere Spenden zusammenbekommen. Durch ein Benefizkonzert, einen Flohmarkt, die Kollekte in der eigenen Kirchengemeinde…oderoderoder….

 

Alles Liebe und vielen Dank schonmal, eure Kati

 

 

 

 

 

 

Meine 7jährige hörte sich alles an und konnte mit den Fragen gar nicht mehr aufhören! Daher hat uns Kati noch ein bisschen mehr berichtet:

 

 

Shani hat zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, die Delona und Frankle heissen und 10, bzw. 15 Jahre alt sind. Delona sieht allerdings eher aus, als wäre sie in J.’ Alter, was aber nicht ungewöhnlich ist, denn indische Kinder (und auch noch junge Erwachsene) sehen für unser Empfinden meisten einige Jahre jünger aus, als sie sind und sind auch insgesamt irgendwie viel zarter und “unschuldiger”. 

Leider waren Delona und Frankle beide Male in der Schule, als wir Shani besucht haben, deswegen haben wir zwar im Haus einige Fotos gesehen, konnten aber selber keine machen… Die Hütte besteht aus einem Raum, der ca. 12qm groß ist. Eigentlich steht nur das Bett drin, also man steht sofort davor, wenn man das “Haus” betritt. Türen gibt es ja nicht, in die Türöffnung haben sie ein Stück Stoff gegängt. Von diesem einzigen Raum, der so dunkel war, das Rons Spiegelreflex darin nicht auslösen wollte, kommt man durch einen kleinen ca. 3 qm großen Durchgang (in dem lauter Klamotten und die einzigen Habseligkeiten gestapelt sind, in die “Küche”, die auch durch einen Vorhang abgetrennt ist. Die Küche hat aber keine richtigen Wände, sondern ist nur eine Art überdachtes Mäuerchen in Hufeisenform, das an die Kammer mit dem Durchgang angebaut ist. Dadurch sind hier oft Schlangen auf der Suche nach etwas Essbarem. Es ist wirklich bestürzend. Ein paar Meter entfernt steht eine Art klitzekleiner Schuppen in der Größe eines Dixieklos – ich habe da nicht reingeschaut, aber das ist das “Bad”, das selbstverständlich weder Dusche noch Toilette hat. Plumpsklos sind im indischen Alltag keine Seltenheit.

 

 J. marschierte nach dem Lesen dieser eMail wortlos in ihr Zimmer und kam mit ihrem Sparschwein zurück. 

Es hat mich zu Tränen gerührt, wie sie den Inhalt auskippte, zählte, und großzügig sortierte.  Und inspiriert. 

Wir haben Shanis Foto und einen übersetzten Text ausgedruckt und an sämtliche amerikanische Freunde und Verwandte  ausgeteilt.  Bald gibt es eine Sammelüberweisung für Shanis Familie aus den USA!

Wir würden uns so sehr freuen, wenn auch ihr helfen möchtet!

Hier sind die Kontodaten der Deutsch-Indischen Gesellschaft, die Katis zukünftigert Schwiegerpapa leitet. Der Betreff wäre dann  

 

“Ein Haus für Shani”

 

Kontoinhaber: Deutsch-Indische Gesellschaft Winsen

Kontonummer: 7097678

BLZ: 20750000

Sparkasse Harburg-Buxtehude

 

http://www.dig-winsen.de/html/patenschaft.html

 

 

Es sind vielleicht nur ein paar Dollar oder Euro, die wir geben. Aber wenn wir etwas von dem teilen, was wir haben, wenn das Leid unserer Mitmenschen uns nicht unberührt lässt, wenn die Dankbarkeit über alles, was uns geschenkt ist, dazu beiträgt, weiterzugeben, dann ist das wirklich THANKSGIVING.

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In between Continents November 5, 2012

Filed under: Musik — daniakoenig @ 9:06 pm

 

In between Continents

Da hatte ich doch tatsächlich gedacht, ich würde niemals dazu kommen, mal wieder Musik zu machen, doch dann schlug die Inspiration zu. Und wenn das so ist, dann MUSS man es ganz einfach möglich machen.

Den Gitarrentrack schnell eingespielt, während die beiden Jungs Mittagsschlaf machten, und abends rasch Glockenspiel, Stimmen und Celli… Ich weiß, ich hätte vielleicht vorher die Instrumente stimmen sollen…

Dennoch:

es heißt “for the record” – es ist etwas, das ich festhalte, von einem Moment, einer Stimmung. Ich habe nicht die Absicht, eine radiotaugliche Single zu produzieren – es ist ein kleines rohes Liedchen, das ich mit euch teilen möchte.

Und jetzt Augen zu und Ohren auf!

 

In between continents

 

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“Child of the Day” November 4, 2012

Meine Tochter wurde vergangene Woche in ihrer Schule zum “Student of the Month” gekürt.

Das ist die höchste Auszeichnung, die man erhalten kann, sie berücksichtigt neben rein akademischen Leistungen auch Charakter und Einsatz. J.’s Lehrerin wusste so viel Positives über sie zu berichten! Mein großes  kleines Mädchen stand mit ihren 7 Jahren und hochroten Wangen stolz neben ihr und nahm strahlend den Preis entgegen. (Oh nein! Bumper Stickers für’s Auto!!)

Schnitt, Szenenwechsel, Sprung zum Abend vorher, 20 Uhr 30

Ein verzweifeltes kleines Mädchen liegt tränenüberströmt in meinen Armen: “Mama, ich hab heute so viel falsch gemacht! Es tut mir Leid!” J. ist ernsthaft am Boden zerstört, weil sie

a) heute zwei Mal ihren Teller nicht abgeräumt und in die Spülmaschine gestellt hatte, wie es eigentlich aufgetragen war

b) ihrem kleinen Bruder etwas Doofes vorgemacht hatte, was er mit seinen 2 Jahren besser nicht nachmachen sollte

c) so schlechte Laune bei den Hausaufgaben und sich überhaupt nicht angestrengt hatte, schön zu schreiben

Sie fühlte sich so schlecht, sagt sie mir, so als ob sie überhaupt nichts Recht machen könnte.

Ich halte mein Kind an den schmalen Schultern, streichele ihren von Schluchzern geschüttelten Rücken, und versichere ihr ernsthaft:

“Mein Schatz, du bist das wunderbarste kleine Mädchen, das ich kenne! Du bist mein Goldstück und mein Sonnenschein! Wir alle machen manchmal Sachen falsch, und ich bin vielleicht etwas streng, wenn es darum geht, was du deinem kleinen Bruder zeigst. Aber das bedeutet doch nicht, dass du nun gar nichts richtig machst! Du bist großartig!

Du bist die beste große Schwester, die ich kenne! Du liebst deine Brüder und tust alles, um sie zum Lachen zu bringen, du hilfst F. auf’s Töpfchen, du schnallst L. für mich im Auto an, du hilfst beim Aufräumen im Haus, du bist ganz toll in der Schule, du singst wunderschön und lachst so toll, und machst uns alle hier so viel fröhlicher! Du bist die Größte im Grimassenschneiden, du hast immer neue gute Ideen. Du kannst in 2 Sprachen super lesen und schreiben! Wir beide haben zusammen schon so viel durchgemacht, was haben wir in den letzten Jahren alles erlebt! Und dabei bist du erst 7 Jahre alt! Du bist ein ganz ganz wunderbarer, guter Mensch, und du machst mich so glücklich und stolz!”

J. schaut in meine Augen, als ob sie darin sehen will, ob ich auch die Wahrheit sage. Anscheinend sieht sie meine Worte bestätigt.

Nach einem abschließenden Schniefen kann die Nachtruhe fortgesetzt werden.

Und nun also saß ich in der kleinen Bank in J.’ Schule, hörte, wie viel Positives diese fremde Frau über mein Kind sagte, sah vor meinem geistigen Auge mein verzweifeltes kleines Mädchen von gestern Abend (“ich habe heute so viel falsch gemacht”), und ich schämte mich.

War ich zu schnell verurteilend?

Machte ich J. zu oft auf Unzulänglichkeiten aufmerksam?

Gab ich ihr durch mein Verhalten nicht genug Selbstvertrauen?

Warum saß mein Kind gestern Abend wie ein Häufchen Elend im Wohnzimmer und wurde heute hier vor der ganzen Schule gelobt und geehrt?

In dieser Stunde, in diesem Multi-Purose-Room in diesem Städtchen in Kalifornien, beschloss ich, jedes meiner Kinder ab sofort zum CHILD OF THE MONTH zu machen, ach, was sage ich, CHILD OF THE DAY!

Wir Großen leben in einer Welt, in der es selbstverständlich ist, zu funktionieren. Keiner lobt uns dafür, dass wir den Haushalt schmeißen, in unserem Beruf unseren Mann stehen, oder freundlich zu unseren Mitmenschen sind.

Unsere Fehler aber, die werden gerne gesehen, und wenn es andere nicht tun, sind wir selbst ganz schnell dabei, uns anzuklagen.

Wo ist die Gnade? Wo ist die Wertschätzung?

Das ist nicht, was ich meinen Kindern  mit auf ihren Weg geben will…

Ich will ihnen zeigen, wie wertvoll sie mir sind. Wie wunderbar es ist, sie um mich zu haben. Was für großartige Künstler, Geschichtenerzähler, Musiker, Maler, Bastler und Quatschmacher sie sind! Will ihnen sagen, wenn sie etwas besonders gut gemacht haben. Will ihr Gefühl für das Wunderbare und Großartige, was sie sind, stärken.

Und wenn etwas schiefläuft, will ich weniger streng, anklagend, enttäuscht, ungeduldig sein.

Unsere Kinder brauchen Gnade.

Wir alle brauchen Gnade.

Ist es nicht viel sinnvoller, in unserem Gegenüber die Lust am “gut sein” und “richtig machen” zu wecken, als es für seine Fehler zu tadeln?

Wir alle wären doch lieber “Mensch des Monats” für jemanden, “Freund des Tages”, “Mutter der Woche”, “Mann der Stunde”.

Und so wird es jetzt gemacht:

meine Kinder sind meine “CHILDREN OF THE DAY”, und jeden Abend sage ich ihnen, was sie heute zum “Kind des Tages” gemacht hat. Sie gehen mit einem vollen Herzen und strahlenden Augen schlafen.

Und ich selber bin auch viel glücklicher, und stolz darauf, die Mutter von solch wunderbaren großen kleinen Menschen zu sein!

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Warum Danias Garten? Meine Geschichte November 2, 2012

Filed under: Familie,Gartengeschichten — daniakoenig @ 4:07 am
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… wo soll ich nur anfangen? Was ist wichtig, was ist unwichtig?

Wer eine kleine Biographie möchte, der besuche am Besten http://www.daniakoenig.de/www.daniakoenig.de/Dania.html

Der Besitzer meiner beiden Alben “Auf dem Grund” und “Auf weiten Raum” weiß sicher Vieles über mich.

Aber jetzt geht es um diese Page hier, um meine Blogs. Was ist die Geschichte dahinter?

Im August 2011 zog ich mit meinem Liebsten in sein Heimatland, die USA. Mit im Schlepptau: J., meine wundervolle  große Tochter, unser kleiner Sohn F., Katze Elsa, und 8 Umzugskisten. Das war alles, was ich mitnahm von einem Leben in einem kleinen Örtchen zwischen Bonn und Köln, wo ich mein eigenes Haus hatte, mit vielen Zimmern, Dingen, Garten, meinen vielen Musikinstrumenten. Außenrum die besten Nachbarn der Welt, Freundschaften, 300 km entfernt meine Familie. All das ließen wir zurück, verkauften, was zu verkaufen war, verschenkten, spendeten. Monatelanges Auf- und Ausräumen mündete in diesen 8 Kisten, und diesen 3 Personen, die mir das Liebste sind auf dieser Welt. Und so flogen wir 10000km westwärts, nach Kalifornien.

“Es könnte schlimmer sein”, mag so mancher sagen. Und Recht hat er. Dennoch: es war ein riesiger Schritt für mich, denn ich ließ nicht nur meine Familie und mein soziales Leben hinter mir, sondern auch eine recht gut laufende Karriere mit stetig wachsendem Bekanntheitsstatus. An dieser wollte ich zwar weiter arbeiten, aber dass das eine Herausforderung werden würde, war klar.

Und hier einmal angekommen, war das Leben nicht gerade sehr nett zu uns.

Zunächst einmal lief mit den Visas für meine Tochter und mich alles schief, was nur schief laufen kann. Wir mussten seitenweise Dokumente finden, erstellen, kopieren, verschicken, ausfüllen, stundenlang in Büros und Ämtern warten, viele viele Dollars bezahlen…

Gleichzeitig ging es mir in meiner dritten Schwangerschaft nicht gerade rosig. Eine Symphysenlockerung machte mir das Stehen, Gehe, Sitzen und Liegen zur Hölle – aber ich hatte ja einen Anderthalbjährigen zu versorgen, sowie eine Schulanfängerin, die sich im neuen Land mit der neuen Sprache erst einmal zurechtfinden musste.

Zur selben Zeit wurde der Vater meines Mannes plötzlich schwer krank und verstarb innerhalb weniger Wochen. Ein Schock und großer Verlust für uns.

Dann erfuhren wir, dass meine Schwangerschaft in unserer deutschen Auslandsversicherung nicht gedeckt ist, was uns in unseren ökonomischen Planungen sehr zurückwarf. Unser Haus war zu klein, um ungestört an Musik arbeiten zu können, aber ganz ehrlich – Zeit oder Muße dazu hatte ich ohnehin nicht.

In den letzten Wochen meiner Schwangerschaft war mein Mann beruflich sehr gefordert und jeden Tag von morgens bis abends außer Haus. Im Mai brachte ich in unserem Wohnzimmer in einem geliehenen “Birthing Pool” mit Hebammenhilfe einen gesunden Jungen zur Welt, 4538kg und 58cm… Schon zwei Tage später war ich wieder alleine mit den beiden Kindern und einem Neugeborenen.

3 Wochen nach L.’ Geburt flogen wir nach Deutschland. Ich wollte den Sommer mit den Kindern in Deutschland bei meiner Familie verbringen, mein Mann sollte 2 Wochen später die Proben für eine Tour beginnen, die über 2 Jahre geplant war (immer einige Wochen “on the road”, dann wieder einige Wochen frei), im Sommer starten sollte, und uns endlich eine anständige Krankenversicherung bringen würde. (Hier in den USA ist es leider unheimlich schwierig, selbständig zu sein und sich eine Versicherung leisten zu können, insbesondere für eine 5köpfige Familie)

Als Dank für die viele Arbeit meines Mannes, erfuhr er bei seiner Ankunft am Flughafen in L.A., dass sein Gig geplatzt und er arbeitslos war. Da standen wir nun, ich in Deutschland, er in Kalifornien, meilenweit und wochenlang voneinander entfernt, schockiert und mit einer riesigen Zukunftsangst. Und damit nicht genug: der Stress der vergangenen Wochen hatte bei meinem Mann eine chronische Urtikaria ausgelöst, eine Autoimmun-Krankheit, mit der er vor einigen Jahren schon einmal gekämpft hatte, in der letzten Zeit allerdings keinerlei Probleme bereitet hatte. Der Verlust seiner Arbeit brachte diese Krankheit nun auf ein neues, bisher unbekanntes Level.

Als wir Mitte August endlich zuhause und zusammen waren, waren sämtliche Sorgen unser dauerhaftes Gesprächsthema.

Ende September kam dann plötzlich ein Anruf, die meinem Mann Arbeit bescherte – Arbeit, die eine Abreise nach Europa innerhalb von 2 Tagen und dortiges Touren über 13 Wochen(!) bedeutete. Ein Job, Geld zum Leben, aber eben wieder eine furchtbar lange Trennung, wo wir uns alle doch gerade den ganzen Sommer lang so sehr vermisst hatten… Und hatte ich alles hinter mir gelassen, um in die USA zu ziehen, nur damit D. nun so lange in Europa arbeiten würde?

Ich schämte mich ein wenig, dass meine große Dankbarkeit über D.’s neuen Job mit so viel Schmerz und Fragen gemischt war.

Seitdem ist die Hälfte dieser 13 Wochen vergangen. Eine Zeit, die ich den größten Teil am Ende meiner Kräfte war. Ich kann nicht sagen, wie oft ich morgens aufwachte und wünschte, der Tag wäre schon zu Ende. Louis schlief nachts extrem schlecht, war manchmal stündlich wach.Eine “gute” Nacht bedeutete vielleicht 5 bis 6 Stunden, eine “schlechte” Nacht 3 Stunden unterbrochenen Schlafs, und tagsüber musste ich doch für 3 Kinder da sein, das Haus, den Garten, Essen machen, putzen, aufräumen, saubermachen, staubsaugen, wischen, Kinder wickeln, baden, Wäsche waschen und falten, Hof fegen, Rasen mähen, Pflanzen gießen, Katze füttern, Kinder umziehen, wieder kochen, füttern, aufräumen, Bücher vorlesen, Hausaufgaben helfen, einkaufen, Geschirr spülen, backen, kochen, füttern, aufräumen, Pausenbrote schmieren, die Große 3 Mal in der Woche zum Schwimmkurs fahren, Gute-Nacht-Lieder singen, nähen, Dinge in dem alten Häuschen reparieren, Kinderhaare kämmen, und man glaubt ja gar nicht, wie oft man bei 3 Kindern Finger- und Fußnägel schneiden muss, kochen, füttern, erwähnte ich schon wickeln?, Kinder an- und ausziehen… die Liste scheint endlos, ebenso erschien mir meine Müdigkeit und immer größer werdende Verzweiflung.

Wie sehr vermisste ich meine Mutter, ein einfaches Telefonat ohne Zeitverschiebung und schlechte Verbindung bei Skype, ihre praktische Hilfe und aufbauende Worte, wie sehr wünschte ich mir meine deutschen Freunde zur Seite, die mich so oft in Zeiten wie diesen unterstützt hatten, wie alleine fühlte ich mich in diesem immer noch recht fremden Land, als ich merkte, dass mein Mann eben doch der Grund dafür war, dass ich hier war, und nun fehlte, als Mann, den ich liebe, aber eben auch als mein bester Freund und Gefährte in diesem Abenteuer…

Während ein Tag in den anderen überging, und irgendwie alles seine Farben zu verlieren schien, wurde mir klar, dass das Leben so nicht gedacht sein kann.

Ich fragte mich, wie ich es ändern kann, andauernd beschäftigt zu sein und doch keine Zeit zu haben. Ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man bei einer Sache schon immer an die nächste denkt. Dauerhaft unzufrieden zu sein, weil nichts wirklich 100%ig stimmt. Darauf zu warten, dass irgend ein äußerer Einfluss meine Probleme löst. Mich wahlweise in die Zukunft oder Verhangenheit zu wünschen, weil die Gegenwart so unattraktiv ist.

Und da wurde mir nach und nach Folgendes klar:

  1. dies ist der Platz, an dem ich in diesem Moment gestellt bin. Und das wahrscheinlich aus gutem Grund.
  2. Erfolg ist nicht immer, was man mit bloßem Auge messen kann. Manchmal ist das, was wir anbauen, nicht oberflächlich sichtbar.

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3. Immer mehr tun und immer schneller sein zu wollen führt NICHT zu einem zufriedeneren Leben.

Mir wurde klar, dass ich eines Tages auf diese Zeit zurückblicken würde, und entweder denken würde, “mann, war das schrecklich! Ging’s mir mies!” Oder: “Wow, diese Herausforderung habe ich angenommen und zu einer der besten Zeiten meines Lebens gemacht”.

Und so entstand mein neues Credo und mein Plan vom Garten:

Ich möchte diese Zeit genießen. Dieser Tag kommt nie wieder. Meine Kinder sind nur JETZT gerade so alt wie sie sind.

Ich will unterscheiden lernen, was wichtig ist (Lachen und Lieben) und unwichtig (das Haus mit 3 Kindern und einer vielbeschäftigten Mama so aussehen zu lassen, dass man es jederzeit für “Schöner Wohnen” fotografieren könnte).

Ich will daran denken, dass ich die Wahl habe, glücklich zu sein.

Ich will mir selbst die Gnade und Liebe zugestehen, die ich anderen zukommen lasse, aber mir selbst oft verweigere.

Ich will lernen, zuerst das Gute zu sehen, bevor ich die oftmals damit verbundenen Schwierigkeiten auseinanderklamüsere…

Nur so kann dieser Lebensgarten mit Liebe gepflegt werden und Frucht bringen!

All das ist ein Prozess, ein Weg, ein Wachsen.

Und das möchte ich gerne teilen. Einerseits, weil ich glaube, dass es gut ist, wenn wir in dieser Welt zusammenwachsen und teilen, andererseits auch, weil ich weiß, dass ich ernsthafter an meinen neu gewonnenen Einsichten festhalten kann, wenn ich nicht alleine damit bin.

Kommt mit mir! Lasst uns gemeinsam Gießen, Unkraut jäten, und bald schon erste Blüten bewundern!

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